Gesundheitspolitik

Gesundheitspolitik bremst Fortschritt

11. November 2022

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Clemens Kuhne

Die 2020er Jahre markieren den Beginn großer Veränderungen in Deutschland. Und die Herausforderungen könnten größer kaum sein – Klimawandel, Energiewende, Digitalisierung oder demografischer Wandel. Die Ampel-Koalition ist angetreten, um mehr Fortschritt zu wagen und unseren Wirtschaftsstandort zukunftsfähig und nachhaltig aufzustellen. Im Angesicht der Multi-Krisen ist dies eine Herkules-Aufgabe. Mit ihrer Innovationskraft leisten forschende Pharma-Unternehmen als Schlüsselbranche in Deutschland für deren Gelingen einen wesentlichen Beitrag. Doch dafür müssen politische Weichen gestellt werden.

Die Verabschiedung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes markiert keinen guten Tag für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland. Ungeachtet ihres Beitrages zur Bewältigung der Corona-Pandemie und zur gesamtwirtschaftlichen Stabilität wird der Pharma-Industrie an entscheidender Stelle die wirtschaftliche Grundlage für Innovationen und Investitionen entzogen. Pharma-Unternehmen, die schon heute durch Rabatte und Abschläge einen jährlichen Beitrag in Höhe von 21 Mrd. Euro zur Stabilisierung der GKV-Finanzen leisten, werden zusätzlich zur Kasse gebeten. Und das, obwohl die Arzneimittelausgaben seit einem Jahrzehnt stabil bei 16% des GKV-Gesamtbudgets liegen. Von einer Preisentwicklung, die das GKV-Budget belastet, kann also keine Rede sein. Die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen stellen zudem die Grundprinzipien des nutzenbasierten Preisfindung im Markt für innovative Arzneimittel in Frage. Die Patientenversorgung droht vom Fortschritt des medizinischen Wissens abgekoppelt zu werden.

Statt grundlegender Strukturreformen sehen wir lediglich kurzsichtige Sparpolitik, die nicht einmal die Finanzprobleme der GKV nachhaltig zu lösen vermag. Zudem hat das Gesetz massive Kollateralschäden für den Innovationsstandort Deutschland im Gepäck. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen hatten sowohl Patientenvertreter:innen als auch medizinische Fachgesellschaften vor den Folgen gewarnt. Zuletzt hatten sogar ehemalige und amtierende Vorsitzende der unabhängigen AMNOG-Schiedsstelle dringend einen Verzicht auf die sich kumulierenden Maßnahmen im Arzneimittelbereich gefordert. Im Bundesrat haben die Länder in ihrer Stellungnahme an den Bund appelliert, das Vorhaben in dieser Form nicht umzusetzen. Berechtigte Bedenken wurden von vielen Seiten geäußert.

Die Maßnahmen dieses Gesetzes sollten daher dringend überdacht werden. Wir brauchen mehr denn je politische Weitsicht und Strukturreformen, die ihren Namen auch verdienen. Mehr Fortschritt wagen! Das gilt ab heute umso dringender auch in der Arzneimittelpolitik. Wenn wir abwarten, bis die vollen Auswirkungen des Spargesetzes auf die Versorgung zu erkennen sind, dann würden wir alle verlieren: Die Patient:innen, die auf für sie wichtige Therapieinnovationen warten. Und der Innovations-Standort Deutschland, da einer Zukunftsbranche die wirtschaftliche Grundlage für Investitionen genommen wird. Wir stehen für den jetzt notwendigen Dialog bereit. Gemeinsam für ein leistungsstarkes, bezahlbares und nachhaltiges Gesundheitssystem, das die beste Versorgung für alle Patient:innen ermöglicht. 

Ihr Kontakt

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Clemens Kuhne
Director Policy & Public Health | Leiter MSD hub berlin

+49 30 700 141 650

clemens.kuhne@msd.de